Beispiel Antrag nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 und § 112 SGB IX (ehemals §§ 53/54 SGB XII)

Familie X Y

 

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März 2020

Eingliederungshilfe für Behinderte gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 und § 112 SGB IX; Leistungen zur Teilhabe an Bildung bei Entwicklungsverzögerung, schwerer Sprachverständnisstörung und auditiver Wahrnehmungsstörung


Hier : Unser Sohn K., geb. 0.0.2008

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wir beantragen eine Teilhabeassistenz nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 und § 112 SGB IX für unseren Sohn als Leistungen zur Teilhabe an Bildung.

In der ersten Klasse stellte sich heraus, dass K. trotz Vorklasse dem Klassengeschehen und dem Unterricht trotz des Förderbedarfs geistige Entwicklung (er muss also nicht das Gleiche machen wie die Klassenkameraden) ohne eine intensive, individuelle Unterstützung nicht folgen kann. Eine solche Unterstützung, die sich 1:1 auf das Kind ausrichtet und im Sinne des Nachteilsausgleichs dafür sorgt, dass das Kind Zugang zu angemessener Bildung hat, ist im Schulsystem nirgends vorgesehen. Der Gesetzgeber hat jedoch festgelegt, dass dies über die Eingliederungshilfe zu geschehen hat. Daher stellen wir den Antrag auf Unterstützung durch eine Teilhabeassistenz.

K. hat eine Entwicklungsverzögerung, eine schwere Sprachverständnisstörung und eine auditive Wahrnehmungsstörung. Sein Wortschatz und seine generelle Kommunikationsfähigkeit sind daher stark eingeschränkt. Er kann sich nicht wie andere, gesunde Kinder mitteilen. Er nimmt einen Großteil des Unterrichtsgeschehens nicht wahr, wenn nicht eine Person unmittelbar ihm zugewandt, die Aufgabenstellung nochmals in einzelnen, strukturierten Abschnitten wiederholt und zwischen ihm und der Lehrkraft/den anderen Kindern (s. VOBGM: Kinder lernen von und mit Kindern) vermittelt.

 

Er ist mittlerweile schon 9 Jahre alt und geht in die zweite Klasse der örtlichen Grundschule in die inklusive Beschulung. Er hat einen umfassenden Förderbedarf, der auf der sonderpädagogischen Ebene durch die Unterstützung des BFZ Langen abgedeckt wird. Die Schule hat bereits regelmäßig individuelle Förderpläne erstellt und arbeitet im pädagogischen Bereich entsprechend mit ihm. Die Vorgaben des hessischen Schulgesetzes und der VOSB sind damit bereits ausgeschöpft.

K. hat jedoch darüber hinaus jedoch weiteren individuellen Unterstützungsbedarf aufgrund seiner Behinderung:

Er benötigt eine ihm direkt zugewandte Person, die durch Augenkontakt oder Berührung (zur Überbrückung der auditiven Wahrnehmungsstörung und der mangelnden Kommunikationsfähigkeit)

  • gehörte Aufgabenstellungen wiederholt und erklärt;
  • schriftliche Aufgaben in Abschnitten und strukturiert, vorliest, wiederholt und erklärt;
  • seine Aufmerksamkeit wieder auf die Aufgabenstellung bzw. das Unterrichtsgeschehen lenkt;
  • seine Wünsche und Bedürfnisse in das Klassengeschehen vermittelt, so lange er noch nicht in der Lage ist, diese sprachlich zu äußern (hier hat Kashif bereits Fortschritte gemacht, er ist aber noch nicht an dem Punkt, an dem er das selbständig kann);
  • als Vermittlerin zwischen ihm und den Kindern Konflikte voraussieht und löst;
  • ihn motiviert, unterstützt, durch den Schulalltag leitet;
  •  

Dieses sind alles Aufgaben, die nicht in die Kernkompetenz der Lehrkräfte fallen. Klassen- und Förderlehrkraft sind für die Wissensvermittlung und für die passende Wahl des Lehrmaterials zuständig, sie werden in ihrer pädagogischen Arbeit vom BFZ unterstützt im Rahmen der schulrechtlich vorgesehenen Maßnahmen. Die Schule erfüllt also die Aufgaben, die in die Kernkompetenz der (Sonder)pädagogen fallen.

Unser Sohn hat jedoch eine festgestellte und anerkannte Behinderung und bedarf dafür eines Nachteilsausgleichs im Sinne von Artikel 3 GG. Und für diese individuelle, aufs Kind ausgerichtete Maßnahme hat der Gesetzgeber über das SGB XII eine ambulante Unterstützungsleistung vorgesehen, die durch die kommunalen Behörden zu leisten ist.

Hierzu gibt es eine gefestigte Rechtsprechung seit 2012, die im Dezember 2016 vom BSG nochmals bestätigt wurde: Bundessozialgericht, 09.12.2016 - B 8 SO 8/15 R - Der zuständige Sozialhilfeträger muss die Kosten für einen Schulbegleiters unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der Eingliederungshilfe übernehmen. Die Klägerin kann als wesentlich geistig behindertes Kind aufgrund der Behinderung ohne zusätzliche Unterstützung durch einen solchen Begleiter die individuell auf seine Fähigkeit und Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte nicht verarbeiten und umsetzen; dies hat unterstützende Leistungen einer Schulbegleitung erforderlich gemacht. Bei diesen Unterstützungsmaßnahmen handelte es sich nicht um den Kernbereich allgemeiner Schulbildung, für den allein die Schulbehörden die Leistungszuständigkeit besitzen. Im Rahmen des Nachrangs der Sozialhilfe außerhalb des Kernbereichs ist lediglich Voraussetzung, dass eine notwendige Schulbegleitung tatsächlich von anderen nicht übernommen bzw. getragen wird.

Damit unser Sohn nicht nur grundsätzlich in der Schule anwesend ist, sondern auch sein Recht auf Zugang zu angemessener Bildung wahrnehmen kann, bitten wir Sie dringend, ihm die nötige individuelle Hilfe in Form einer Teilhabeassistenz zu bewilligen.

 

Mit freundlichen Grüßen


 

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